Der Begriff Sexismus ist weitverbreitet und in Medien und gesellschaftlichen Diskursen präsent. Der Hashtag #metoo steht für eine Bewegung, in der Prominente sexuelle Übergriffe öffentlich gemacht haben und zeigte deutlich, wie weitverbreitet Sexismus, Machtmissbrauch und sexuelle Belästigung sind. Die soziale Bewegung und der Hashtag #metoo machten auch auf das Ausmaß von Sexismus im Alltag aufmerksam. Doch was ist Sexismus eigentlich und wo findet er überall statt? Wie bemerken wir Sexismus und was können wir gegen ihn tun?

Was ist Sexismus?

Sexismus ist die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts. Menschen werden aufgrund ihres Geschlechts bewertet, benachteiligt oder ausgegrenzt. Sexismus kann sich gegen alle Geschlechter richten, überproportional betroffen sind jedoch Mädchen und Frauen, sowie trans*- und nicht-binäre Personen.

Sexismus begründet sich aus Geschlechterstereotypen und Rollenbildern darüber, wie Menschen aufgrund ihres Geschlechts „zu sein haben“. Insbesondere Frauen und Personen abseits des heteronormativen, zweigeschlechtlichen Verständnisses von Geschlecht wurden in der Vergangenheit (und werden auch noch heute) stark marginalisiert. Auch Männer sind Vorurteilen aufgrund ihres Geschlechts ausgesetzt. Sie sind davon jedoch weniger stark betroffen, da Männer in der Regel über mehr Macht verfügen als andere Geschlechter. Dahinter steht die Annahme, dass Geschlechter in einem hierarchischen Verhältnis zueinanderstehen und Männlichkeit dabei das überlegenere Geschlecht sei.

„Frauen sind harmoniebedürftig“, „Männer sind stark“: Diese und ähnliche Rollenzuschreibungen sind in der Gesellschaft stark verankert und Menschen verinnerlichen diese selbst früh in der Kindheit.

Wie äußert sich Sexismus?

Aussagen, die sich auf solche stereotypen Rollenzuschreibungen beziehen, sind eine Art, wie sich Sexismus zeigt: „Frauen sind besser darin, sich um die Familie zu kümmern und müssen keine Karriere machen“ beispielsweise. Sexismus äußert sich zwischen Menschen also durch Worte oder auch Handlungen, etwa wenn Gleichberechtigung bewusst abgelehnt wird. Anzügliche Bemerkungen über Frauen als Sexualobjekte stellt ebenfalls die Herabwürdigung des Geschlechts dar. Oft ist Sexismus aber auch nicht so leicht zu erkennen, etwa wenn die Diskriminierung von Frauen pauschal geleugnet wird oder wenn Maßnahmen zum Abbau von Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern vollständig abgelehnt werden. Diese Form von Sexismus beruht auf persönlichen Überzeugungen und Verhaltensweisen und beschreibt den individuellen Sexismus.

Andererseits hat Sexismus eine strukturelle Dimension. Personen werden aufgrund ihres Geschlechts innerhalb von sozialen Strukturen und Institutionen einer Gesellschaft systematisch benachteiligt. Ein Beispiel dafür ist die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen. Frauen verdienen oft weniger als Männer, da Normen und Traditionen auf der stereotypen Vorstellung beruhen, dass Frauen sich eher um die Familie kümmern. Sie sind eher in schlechter bezahlten Berufen tätig, arbeiten häufiger Teilzeit und werden als weniger kompetent für Führungsaufgaben wahrgenommen.

Struktureller Sexismus und individuelle sexistische Einstellungen können miteinander verwoben sein: Die immer noch verbreitete Vorstellung, dass Care-Arbeit vor allem „Frauensache” ist, kann als individuelle Äußerung vorkommen, ist aber auch als gesellschaftliche Norm akzeptiert und prägt nach wie vor das Verhalten in unserer Gesellschaft.

Der Begriff „Alltagssexismus“ betont die Tatsache, dass Sexismus fast beiläufig unser Verhalten und unsere Beziehungen prägen. Einzelne Vorfälle von Sexismus mögen harmlos erscheinen, aber sie erschaffen eine Atmosphäre der Einschüchterung, Angst und Unsicherheit. Dies führt zur Akzeptanz von Gewalt, meist gegen Frauen und Mädchen.

Sexismus vs. Sexuelle Belästigung

Der Begriff Sexismus wird häufig gleichgesetzt mit sexueller Belästigung oder den sexualisierten Darstellungen von Frauen in Werbung und Fernsehen. Doch sind diese Phänomene lediglich Spielarten von Sexismus, der auch ohne sexuelle Konnotation auftritt. Im breiten Spektrum sexistischer Einstellungen und Verhaltensweisen ist sexuelle Belästigung eine besonders verletzende und herabwürdigende Ausprägung von Sexismus.

Weitere Informationen über Sexismus: www.gemeinsam-gegen-sexismus.de

Intersektionale Perspektive: Mehrfachdiskriminierung existiert

Sexismus kann nicht losgelöst von anderen Diskriminierungsdimensionen betrachtet werden. Frauen, die von Sexismus und zum Beispiel auch von Rassismus oder Ableismus betroffen sind, werden anders – meist stärker – diskriminiert als Frauen, die „nur“ Sexismus erfahren.

Der Begriff „Intersektionalität“ wurde durch Kimberlé Crenshaw geprägt. Der Begriff geht zurück auf das englische Wort „intersection“, also Kreuzung. Für Schwarze Frauen ‚kreuzt‘ sich also die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und die Diskriminierung aufgrund von race. Diese Mehrfachdiskriminierungen können nicht einfach aufaddiert werden, sondern bilden neue, spezifische Formen der Diskriminierung.

Wie oft kommt Sexismus vor?

Die im Auftrag des BMFSFJ von Professor Dr. Carsten Wippermann durchgeführte Pilotstudie „Sexismus im Alltag. Wahrnehmungen und Haltungen der deutschen Bevölkerung“ zeigt, dass Sexismus als alltägliches, massenhaftes Phänomen wahrgenommen wird:

  • 63 Prozent der befragten Frauen und 49 Prozent der befragten Männer gaben an, sexistische Übergriffe wahrgenommen zu haben oder selbst betroffen gewesen zu sein.
  • Als Orte, an denen Sexismus vorkommt, werden vor allem der öffentliche Raum (46 Prozent der Frauen, 42 Prozent der Männer), der Arbeitsplatz (41 Prozent der Frauen, 45 Prozent der Männer) sowie öffentliche Verkehrsmittel (30 Prozent der Frauen, 29 Prozent der Männer) genannt.
  • Obwohl sie nicht direkt als Person angesprochen werden, empfinden 75 Prozent aller Frauen und 61 Prozent aller Männer Sexismus in den Medien als schlimm. Vor allem die Darstellung von Frauen und Männern als Sexobjekte in der Werbung wird negativ bewertet.
  • 80 Prozent der befragten Frauen und 65 Prozent der befragten Männer sprechen sich dafür aus, dass die Politik mehr Maßnahmen ergreift, um Sexismus vorzubeugen.

Sexismus in der Politik

Eine tatsächlich gleichberechtige Teilhabe von Frauen in der Politik ist auch im Jahr 2023 keine Selbstverständlichkeit. Im Bundestag beträgt der Frauenanteil 35,1 %, in der Kommunalpolitik beträgt der Frauenanteil im Schnitt nur 27 %. Nur 10 % der Städte werden von einer Bürgermeisterin geführt.

Die Gründe für den niedrigen Frauenanteil in der Politik sind vielschichtig, aber Studien und Umfragen zeigen: Frauen in der Politik erleben Sexismus. Etwa führen stereotype Rollenzuschreibungen dazu, dass Frauen weniger zugetraut wird als Männern: Frauen seien zu emotional und deshalb ungeeignet für die Politik, sie interessieren sich eher für sogenannte weiche Themen – etwa soziale Bereiche oder Familienpolitik –  und nicht für „harte“ Felder wie Wirtschafts- oder Finanzpolitik. Außerdem spielt bei Frauen das Aussehen eine größere Rolle als bei Politikern. Die privaten Verhältnisse von Politikerinnen werden öfter thematisiert als bei Politikern und Frauen werden regelmäßig für das Image einer Partei instrumentalisiert.

Auch sexuelle Belästigung ist in Parteien ein weitverbreitetes Phänomen. In der EAF-Studie „Parteikulturen und die politische Teilhabe von Frauen“ haben 40 % der befragten Politikerinnen angegeben, Erfahrungen mit sexueller Belästigung gemacht zu haben. Dabei haben mehr Frauen auf Bundesebene (55 %) als auf kommunaler Ebene (30 %) sexuelle Belästigung erfahren. Die Politikerinnen berichten von unangemessenen und anzüglichen Bemerkungen über Aussehen, Figur und Kleidung, von Blicken und Musterungen. Nicht selten sind unerwünschte Berührungen oder „Anmachen“. Die Übergriffigkeiten finden meistens in informellen Situationen statt, Frauen erfahren diese von Parteikollegen, aber auch von Politikerin aus anderen Parteien. Besonders gefährdet sind jüngere und weibliche Neumitglieder in Parteien.

Mehr lesen in der Studie „Parteikulturen und die politische Teilhabe von Frauen“.

Sexismus in der Arbeitswelt

Auch in der Arbeitswelt äußert sich Sexismus in verschiedenen Formen: Neben sexueller Belästigung spielen strukturelle Benachteiligung, ungleiche Bezahlung, schlechtere Ausstattung für weibliche Fachkräfte oder die mangelnde Repräsentation von Frauen in bestimmten Berufsgruppen oder Führungspositionen eine Rolle.

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist vielschichtig und weit verbreitet. Sie reicht von unerwünschten Berührungen über verbale Handlungen wie sexuell anzügliche Kommentare oder Witze bis hin zu digitaler Gewalt und Onlinebelästigung. Strukturell bedingte Belästigung zeigt unter anderem der Gender Pay Gap, ein geschlechtsbedingter Verdienstunterschied. 2020 lag dieser bei 18 %. Zudem sind Frauen in bestimmten Berufsgruppen und Positionen unterrepräsentiert. In den Vorständen der Unternehmen der DAX 40 gibt es einen Frauenanteil von 23 %. Frauen stoßen im Laufe ihrer Karriere auf unsichtbare Barrieren – die sogenannte gläserne Decke.

Vorurteile, Stereotype und Rassismen, männlich geprägte Netzwerke und eine familienunfreundliche Unternehmenskultur nehmen Einfluss auf Sexismus am Arbeitsplatz.

Der Kampf gegen Sexismus am Arbeitsplatz lohnt sich auch für Arbeitgebende: Eine offen gelebte Haltung gegen Sexismus im Unternehmen reduziert Stress, Krankenstände und Fluktuation, schöpft alle Potenziale im Unternehmen, bietet einen Wettbewerbsvorteil im Vergleich zu anderen Unternehmen und reduziert wirtschaftliche Schäden, die etwa durch hohe Fluktuation, geringe Reputation und Arbeitsplatzattraktivität entstehen.

Sexismus in der Wissenschaft

Auch in der Wissenschaft zeigt sich die gläserne Decke: Studienanfängerinnen und Absolventinnen sind an deutschen Hochschulen in der Mehrheit, der Frauenanteil bei Professuren liegt jedoch nur bei 27 %. Ab der Promotion kippt der Frauenanteil und es gibt mehr Männer, die diese höheren Karrierestufen erreichen. Diese Ungleichverteilung hat auch einen Effekt auf die Wissensproduktion. Wenn der Anspruch der Wissenschaft ist, der Diversität unserer Gesellschaft zu entsprechen, müssen auch die Posten divers besetzt werden.

In der Wissenschaft existieren aufgrund der spezifischen Bedingungen zudem häufig Abhängigkeitsverhältnisse und starre Hierarchien, die Sexismus begünstigen und die Möglichkeiten, sich zu wehren, einschränken. Junge Wissenschaftler*innen sind oft vom Wohlwollen ihrer Vorgesetzten abhängig. Wenn diese Vorgesetzten sich ihnen gegenüber sexistisch verhalten, oder es sogar zu sexueller Belästigung kommt, ist es schwerer, sich zu wehren, da die Karriere davon abhängen kann.

Was tun?

Viele Menschen werden im Laufe ihres Lebens mit Sexismus oder sexualisierter Gewalt konfrontiert. Es gibt eine Vielzahl von Anlaufstellen, an die Sie sich als Betroffene*r oder als Vertrauensperson einer*eines Betroffenen wenden können. Gemeinsam gegen Sexismus: Maßnahmen gegen Sexismus am Arbeitsplatz, in Kultur und Medien und im öffentlichen Raum

Kontakt

Bei Fragen wenden Sie sich gerne an die zuständige Ansprechperson:

Stefanie Lohaus
Mitglied der Geschäftsführung

+49 (30) 3087760-42

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